Die Feuerwehr Hameln bei Kriegsende


- Ereignisse vom März bis Dezember 1945 -


Von einem Großluftangriff wurde die Stadt Hameln am 14.März 1945 betroffen. Es gab Zerstörungen im Bereich des Hauptbahnhofes, in der Schmiede- und Kreuzstrasse, aber auch am Hastenbecker Weg und in der Stüvestrasse. Vollbesetzte Mittagszüge waren getroffen worden. Der Bahnhof Hameln, an 64. Position einer alliierten Liste der kriegswichtigsten Bahnhöfe Deutschlands verzeichnet, und die Gleisanlagen wurden zerstört.
Dieser Angriff kostete 177 Einwohnern das Leben, 93 wurden verletzt und 700 obdachlos. Im Verlauf des Krieges wurden in Hameln 773 Häuser zerstört oder beschädigt.

In der Nacht des 5.April 1945 zwischen 3 und 4 Uhr wurden die Weserbrücken gesprengt.
Die immer näherrückenden Panzer der amerikanischen Armee bemächtigten sich zunächst des linken Weserufers, das sie bereits in der Frühe des 5.April erreicht hatten.
Zum Glück für die Stadt Hameln ging vermutlich die Hauptstoßrichtung der amerikanischen Truppen südlich an Hameln vorbei in Richtung Hildesheim.
Möglicherweise haben die über den Dächern der Stadt angebrachten weithin sichtbaren Rote-Kreuz-Zeichen bei der Vermeidung schwerer Kriegsschäden im Stadtbereich eine große Rolle gespielt. Denn die großen Schulgebäude (Wilhelm-Raabe-Schule, Hermannschule sowie Victoria-Luise-Schule) waren Lazarette geworden und mit verwundeten Soldaten belegt.
Trotzdem war am 6. April bei einem Artillerieangriff das Rathaus zerstört worden, da der brennende Turm der Marktkirche auf das Dach des Rathauses gestürzt war.

In der Frühe des 7. April 1945 erschienen die Amerikaner in Hameln.
Zu dieser Zeit befand sich ein großer Teil der Feuerwehrleute im Einsatz bei Löscharbeiten und Räumdiensten, denn durch den Beschuß des Stadtgebietes hatte es bekanntermaßen viele Schäden gegeben. Die Mehrzahl der Feuerwehrleute wurde von den Amerikanern gefangengenommen und interniert. Die Übriggebliebenen konnten noch alle Löschfahrzeuge in das Gerätehaus bringen.

Noch am selben Tage wurde der damalige Verwaltungsdirektor Grote von dem amerikanischen Kommandanten zum Oberbürgermeister, der greise Verwaltungsdirektor Röthig zu seinem Stellvertreter ernannt.
Nach Verhandlungen mit dem Kaufmann Karl Witte in der Bäckerstrasse, einem bekannten Hamelner Bürger, der immer in gewisser Distanz zum NS-System gestanden hatte, der aber stellvertretender Leiter der Feuerwehr gewesen war, stellte man aus den noch anwesenden Feuerwehrleuten ein Aufgebot von Hilfspolizisten zusammen. Das britische Kommando über die Zivilverwaltung war am 7. April unter Führung von Major Lynden-Bell eingetroffen.
Die vorläufige Leitung der Polizei war dem englischen Oberleutnant Ridley unterstellt.

Schon am 8. April wurde per Maueranschlag bekanntgeben, daß ab Mittag um 12 Uhr das Betreten der Straße verboten sei.
Bereits wenige Tage nach ihrer Gefangennahme kehrten die Feuerwehrleute zurück. Auch sie wurden nun als Hilfskräfte der englischen Militärpolizei eingesetzt.

Am 9. April wurde durch erneuten Maueranschlag verkündet, daß die Straßen wieder begangen werden dürften, jedoch nur bis 18 Uhr. Die Ausgehzeit, die später bis 22 Uhr verlängert wurde, hat dann noch lange weiterbestanden.

Wie wichtig und vordringlich der alliierten Militärregierung der Feuerschutz um die Stadt Hameln war, kann man daraus ersehen, daß bereits am 12. April ein Feuerwehrlagebericht (Fire- Defence- Situation- Report) vom Military Government of Germany angefertigt wurde. Daraus geht hervor, daß die Altstadt mit ihren Fachwerkbauten durch Beschuß vielfach beschädigt war und sehr brandanfällig sei. Im Wortlaut heißt es: “Neustadt- und Außenstadtviertel durch Fliegerangriffe und Artilleriebeschuß stark zerstört, Industrieanlagen zum Teil ausgebrannt, Mühlengebäude noch brennend.“
Es wurde festgestellt, daß es in Hameln und Rohrsen je ein massives, zum Teil jedoch beschädigtes Feuerwehrgerätehaus gibt.

Zum Ausmaß der Beschädigung in den Hauptwasserleitungen wurde festgestellt, daß das linke Weserufer ohne Wasserversorgung ist, und die Schäden am Wasserleitungsnetz auf dem rechten Weserufer noch nicht zu übersehen sind.
Die freiwilligen Feuerwehrmänner seien nicht hinreichend uniformiert und mangelhaft ausgerüstet.
Jedes Fahrzeug und jeder Schlauch wurden nun erfaßt und festgestellt, daß nach Wiedereinsetzung der Fahrzeuge der Hilfeleistungssektor gesichert werden könne.

Es war eine unendlich schwierige Aufgabe, in dem Wirrwarr jener Tage wieder Ordnung in Hameln zu schaffen. Die Stadt befand sich in einem trostlosen Zustand. Die Schaufenster waren größtenteils mit Brettern vernagelt, die Fenster der Häuser mit Pappe und Tüchern verdeckt. Ganze Strassenzüge zeigten an den Häuserfronten keine heile Scheibe mehr. Überall mußte man über Haufen von Schutt, Glasscherben und Dachziegeln steigen. Die Teile der Strassensperren lagen verstreut umher, hier und da auch eine Leiche. Am Kastanienwall lag tagelang ein kopfloser Menschenrumpf. Auf dem Gehsteig vor der Hermannschule lag ein Blindgänger, um dessen Unschädlichmachung sich keiner kümmerte. Da sich die Einwohner in ihren Wohnungen aufhielten und nur in dringenden Fällen die Häuser verließen, war das Straßenbild von umherschlendernden Kriegsgefangenen und Fremdarbeitern beherrscht, dazwischen auch viele ausländische Arbeiterinnen, Frauen und Mädchen.
Diebstähle und Plünderungen blieben an der Tagesordnung. Oft wurden den Passanten Mäntel und Schuhe ausgezogen, und Fahrräder sowie Kraftwagen waren besonders begehrte Beuteobjekte. Gegen die marodierenden und plündernden, jetzt freigelassenen Gefangenen, deren aufschäumende Wut man nachvollziehen kann, gab es keinen hinlänglichen Schutz, zumal die amerikanischen Besatzungstruppen Verpflegungläger immer wieder öffneten und alle Ausländer zur Plünderung aufforderten. Am zurückhaltendsten verhielten sich die Westeuropäer. Sie versuchten natürlich, möglichst rasch in ihr Heimatland zurückzukehren. Dazu bedienten sie sich auch vielfach der Beutefahrzeuge, die sie irgendwo vorfanden und für diesen Zweck nutzten.
So waren dies auch Personen- und Lastkraftwagen, die notdienstverpflichtet in Diensten der Feuerwehr Hameln gestanden hatten. Einige dieser Fahrzeuge konnten jedoch niemals wiedergefunden werden.
Allerdings gelangte die Hamelner Feuerwehr auf diesem Wege auch an ein Magirus-Löschgruppenfahrzeug (LF 25) der Berufsfeuerwehr Mönchengladbach (früher: München-Gladbach), das von heimwärtsstrebenden französischen Fremdarbeitern nach einer Panne in einem Hemmendorfer Strassengraben liegengelassen und anschließend von der Hamelner Feuerwehr sichergestellt worden war.
Nach umfangreichen Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten wurde das imposante Fahrzeug anschließend in dem Zeitraum vom 16.09.1949 – 12.06.1953 bei insgesamt 91 Einsätzen im Stadt- und Kreisgebiet eingesetzt, bis es Ende Juni 1953 wieder von der Berufsfeuerwehr Mönchengladbach übernommen werden konnte.
In Hameln wurde das schreckliche Ende des Krieges mit dumpfer Resignation aufgenommen.
Am 8. Mai 1945 wurde von der BBC schließlich die Kapitulation aller deutschen Streitkräfte bekanntgegeben.
Nach anfänglicher Resignation griffen die Bürger nun jedoch wieder beherzt zu und säuberten ihre Stadt vom Schutt der letzten Kämpfe, und die Versorgungseinrichtungen wurden wieder instandgesetzt. Das Gaswerk, welches vom 7. April an stillgelegen hatte, konnte bereits am 14. Mai wieder in beschränktem Umfang Gas für den allgemeinen Verbrauch abgeben. Die Versorgung der Altstadt mit Gas und Wasser war bereits in den ersten Maiwochen möglich geworden, während es im Klütviertel zu länger anhaltenden Schwierigkeiten infolge der Sprengung der Leitungsrohre kam.

Große Aufgaben hatte die Feuerwehr auch noch im Juni zu bewältigen. Sie war fast ständig im Einsatz, vor allem, um die Fassaden der abgebrannten Häuser, Mauerreste oder ganze Häuser einzureißen. Das geschah vor allen Dingen wegen der Einsturzgefahr, aber auch, weil neuer Baugrund freigemacht werden sollte. Aus verschütteten Kellern wurde wertvolles Hab und Gut gerettet. In der Weser gesunkene Schiffe und Kräne mußten gehoben werden.
Auch die gefährliche Sicherung und Bergung von Blindgängern (Bomben und Granaten) sowie die Bergung von Leichen aus zerstörten Gebäuden gehörte fortan zu den Aufgaben der Hamelner Feuerwehr.

Am 13. Juli 1945 ging ein Erlaß des Oberpräsidenten der Provinz Hannover auf der Feuerwache in Hameln ein, der eine ganze Reihe von Richtlinien für den künftigen Feuerwehrdienst festlegt.
So wurde die Uniformierung, der Übungsdienst, der Einsatzdienst und die Alarmierung bei Einsätzen geregelt:
Der Übungsdienst mußte vorher der zuständigen englischen Militärregierung bzw. Militärverwaltung gemeldet werden.
Bei Bränden, die während der Ausgehsperrzeit bekämpft werden mußten, war von der Feuerwehr ein Erlaubnisschein der englischen Militärregierung mitzuführen und derselbe der kontrollierenden Militärpolizei auszuhändigen.
Die Alarmierung erfolgte weiterhin ortsüblich. Sirenen konnten benutzt werden. Eine Verständigung mit der Militärregierung war ebenfalls erforderlich.

Die Militärregierung verlangte darüber hinaus am 27. August 1945 die Einrichtung einer hauptamtlichen Wachbereitschaft. Sie mußte unverzüglich aus den verfügbaren Feuerwehrmännern gebildet und im Feuerwehrgerätehaus untergebracht werden. Ihre Stärke belief sich anfangs auf 18 Mann. Ihr erster Wachbereitschaftsleiter wurde der Oberbrandmeister Harry Tegtmeyer (1945 – 1952). Gesamtleiter der Hamelner Feuerwehr nach Kriegsende wurde der Oberzugführer (ab 18.08.1945: Kreisbrandmeister) Wilhelm Kaiser. Ein Amt, das er bis zum 20. Januar 1953 innehatte.

Im Herbst 1945 wurde auch der Schulunterricht wieder aufgenommen. Da noch mehrere Schulgebäude als Lazarett dienten, mußte der Unterricht teilweise in Baracken oder städtischen Räumen stattfinden. Klassenstärken von 50 bis 60 Kindern waren üblich.

Durch Erlaß des Oberpräsidenten der Provinz Hannover vom 18. August 1945 über die Organisation des Feuerlöschwesens schieden die Feuerwehren aus der Polizeiorganisation (Feuerschutzpolizei) aus und wurden Einrichtungen der Gemeinden.
Ende 1945 standen etwa 75 Mann mit Einschluß der nunmehr 27 Mitglieder der hauptamtlichen Wachbereitschaft für den Feuerschutz der Stadt Hameln bereit.




Quellen:
  1. Hameln nach 1945 – Stadtentwicklung - ; Ilse und Heinrich Kalvelage; Verlag C.W.Niemeyer, Hameln 1995
  2. „...von Florian Ostertor: 3. Alarm !“ – 125 Jahre Ortsfeuerwehr Hameln - ; Gerhard Bunnenberg & Bernhard Mandla; Druck: Lehmhoefer & Krause, Hameln 1989
  3. „50 Jahre Helfer in Not und Gefahr“ – Amt für Feuerwehr und Rettungsdienst der Stadt Hameln, Günter Harries, 1995
  4. Archiv der Feuerwehr Hameln

Chronologische Zusammenfassung und Ergänzung: Bernhard Mandla

 

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